Ideologie des Hasses – Begriffsdefinition

Wie heißt es den nun: Rechtsextremer, Rechtsradikaler, Nazi, Neonazi, Faschist, Neofaschist oder vielleicht doch einfach nur Arschloch?
Meistens werden die Begriffe synonym gebraucht und eine Unterscheidung entfällt zumeist. In der aktuellen Berichterstattung wird jedoch fast nur noch von Rechtsextremen gesprochen.
Aber was ist den nun das Kennzeichnende des Rechtsextremismus? Es gibt online einige dutzend ähnliche Definitionen, die zumeist voranstellen, daß diese Weltanschauung einerseits „vielschichtig“ (Bezirksregierung Düsseldorf) und andererseits eine Sammlung „unterschiedlichster Begründungszusammenhänge und Sichtweisen“ (Mut gegen rechte Gewalt) ist. Von seitens des Verfassungsschutzes wird er negativ als „gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung“ (verfassungsschutzgegenrechtsextremismus.de und IDGR) definiert.

Der Begriff Rechtsextremismus hat sich im öffentlichen Sprachgebrauch durchgesetzt gegenüber anderen Begriffen wie „Faschismus“ und / oder „Neofaschismus“, die häufig in Nähe zu kommunistischen Antifaschisten gebracht und damit verteufelt werden, und auch gegenüber dem Begriff „Rechtsradikalismus“, der das Positive „radikal“, also „an die Wurzel gehen“, enthält (Posselt & Schumacher).
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) benutzt für den heutigen Rechtsextremismus den Begriff „Neofaschismus“. Mit diesem definiert sie Neofaschisten einerseits „nach den politischen Zielen, also ihrer Weltanschauung“ und andererseits nach „den konkreten Auswirkungen ihrer Politik; ihren Tätigkeiten, Aufgaben und Leistungen, in einem Wort: ihren Funktionen“ (Neofaschismus in der Bundesrepublik Deutschland: S.13).

Versuch einer Definition
Folgende Punkte könnten eine Defintion als rechtsextremistisch erlauben, wobei sie natürlich in unterschiedlichster Ausprägung bewusst oder auch unbewusst vorhanden sein können. Sie werden so oder ähnlich bereits verwendet (siehe Links & Quellen).

  • (übersteigerter) Nationalismus
    Die eigene, rassistisch definierte Nation wird als überlegen aufgefasst.
  • Rassismus
    Fremdenfeindlichkeit, Ausländerfeindlichkeit und die Überlegenheit der eigenen (erdachten) Rasse wird propagiert.
  • Antisemitismus
    Also eine (eliminatorische) Feindschaft gegen Juden und den Staat Israel. Für heutige Rechtsextremisten ist die Leugnung des Holocaust schon fast notwendig, weil dieses Verbrechen die absolute Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus darstellte.
  • Geschichtsrevisionismus
    Gerade bei deutschen Rechtsextremenen werden die Verbrechen des Nationalsozialismus geleugnet bzw. als notwendig dargestellt. Auch ehemalige Gebiete des „Dritten Reiches“ werden eingefordert, bestehende Verträge als nichtig bezeichnet. Sog. Vertrieben aus diesen Gebieten werden als Opfer dargestellt.
  • Militarismus
    Eine militarisierte Gesellschaft wird propagiert (siehe auch Führer-Gefolgsschaftsprinzip und Gewaltbereitschaft).
  • Führer-Gefolgsschaftsprinzip & Elite-Gedanken, damit antidemokratische Ideen
    Demokratische Prinzipien wie Wahlen, Volksabstimmungen, Meinungsfreiheit, Organisationen wie Parteien und Gewerkschaften werden nicht anerkannt. Stattdessen werden Entscheidungen durch „geborene“ Führer getroffen.
  • Gewaltbereitschaft
    Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen wird angewandt oder wenigstens akzeptiert. Berüchtigtes Beispiel sind die no-go-areas (im Nazi-Jargon: National befreite Zonen). Dort wird u.a. durch Gewalt gegen Menschen, die nicht ins Weltbild der Rechtsextremen passen oder passen wollen, eine Vorherrschaft geplant.
  • Ablehnung rationaler Diskurse / Überhöhung von Irrationalismen
    Die Behauptung von Rassen, deren Bestimmung (im Sinne von Schicksal) und Nähe zu Esoterik und (nordischer) Mythologie sind ein häufiges Phänomen.
  • Volksgemeinschaftsdenken
    Innerhalb Volkes werden Interessenkonflikte verleugnet und ein gemeinsames Schicksal unterstellt. Dieses Volk wird rassistisch definiert und grenzt sich von anderen ab. Innerhalb dieses Volkes werden Entscheidung durch Führer bestimmt und durchgesetzt. Gegen Ungehorsam und „innere Feinde“ wird auch mittels Gewalt vorgegangen.

Kritik des Begriffes Rechtsextremismus
Wenn es einen Rechtsextremismus gibt, dann ist auch die Existenz eines Linksextremismus logisch. Auch ein Mitteextremismus wäre denkbar. Die historische Einordnung in „links“ und „rechts“ hat zwar den Vorteil einer leichteren Übersicht. Wenn ich mich als „link“ bezeichne, dann weiß ich nach dieser Einordnung, daß „mitte“ zwar noch akzeptabel sein kann, aber
„rechts“ sehr weit von meinen Positionen entfernt ist. Das ermöglicht zwar eine schnelle Orientierung, aber eine inhaltliche Auseinandersetzung mit entfernten Meinungen wird nicht unbedingt hervorgerufen. Begriffe wie „konservativ“, „sozialdemokratisch“ oder auch „liberal“ brächten meiner Meinung nach eine ebenfalls vernünftige Einordnung und riefen auch eher eine (politische) Auseinandersetzung mit Vorschlägen anderer hervor. Zudem wäre eine Bestimmung der „Mitte“ obsolet. Mit der Verwendung des Rechtsextremismus, der ja eben nicht nur „rechts“, sondern dort auch noch „extremistisch“ ist, macht aber eine Ortung der Mitte notwendig. Verändern sich die Koordinaten der politischen Mitte, wird der Terminus „rechtsextremistisch“ unterhöhlt und bedarf weiterhin einer Definition. Zudem unterschlägt der Begriff „Rechtsextremismus“ sowohl die Geschichte der deutschen und anderer Nazis als auch die barbarischen Verbrechen der Geschichte und Gegenwart. Die VVN-BdA verwendet daher den Terminus „Faschismus“ als Oberbegriff für den deutschen Nationalsozialismus bis 1945 und eben auch für italienischen Faschisten bis 1945, die sich selbst diesen Namen gaben und die faschistische Bewegung historisch prägten. Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wird „Neofaschismus“ verwendet, was eine alleinig historische Einordnung darstellt.
Dennoch werde ich den Begriff „Rechtsextremismus“ verwenden, da er in der Öffentlichkeit bekannter ist und auch von offizieller Seite verwand wird.

Links & Quellen

  • Bezirksregierung Düsseldorf: Rechtsextremismus – Definition, 1994, Link Stand: 21.01.2006
  • Informationsdienst gegen Rechtsextremismus (IDGR): Lexikon Rechtsextremismus, 2000, Link (mittlerweile offline) Stand: 21.01.2006
  • Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: Zauberwürfel – Rechtsradikalismus, Link, Stand: 21.01.2006
  • Mut gegen rechte Gewalt: Rechtsextremismus, Link: http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/lexikon2.php?pid=246&name=Grundbegriffe [offline] Stand: 21.01.2006
  • Niedersächisches Landesamt für Verfassungsschutz: Ideologie & Begriffe, Link, Stand: 21.01.2006
  • Posselt, Ralf-Erik, Klaus Schumacher: Was ist eigentlich Rassismus, Gewalt, Sexismus, Faschismus … in: AG-SOS Rassismus, NRW, Amt fuer Jugendarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen Haus Villigst (Hrsg.): Projekthandbuch: Gewalt und Rassismus, Muelheim 1993, S. 100 – 112, Link (mittlerweile offline) (Link zum Dokumentations- und Informationszentrum für Rassismusforschung e.V.)
  • respectABel: Grundbegriff, Link [ehemals: http://respectabel.de/infos_rechtsextremismus/grundbegriffe.htm] Stand: 21.01.2006 (zur Startseite)
  • VVN-BdA – Neofaschismus Kommision (Hrsg.): Neofaschismus in der Bundesrepublik Deutschland – Neofaschistische Ideologie, 1998 (?),Hannover
  • verfassungsschutzgegenrechtsextremismus.de: Was ist Rechtsextremismus?, Link Stand: 21.01.2006 (zur Startseite)
  • Wikipedia (de): Rechtsextremismus, 2006, Link Stand: 21.01.2006