Katzencontent & Strickblogs und die Gegenöffentlichkeit

Jan Schmidt (Bamblog) hielt auf der re:publica einen Vortrag zum Thema Mythen der Blogosphäre. Die Folien zu seinem Vortrag hat er auf seinem Blog veröffentlicht.

Die oft beschworene Gegenöffentlichkeit durch Blogger widerlegt er mit einer Untersuchung der Links, auf die Blogger verweisen.

Zudem gehören redaktionell erstellte Online-Angebote weiterhin zu den meistverlinkten Quellen in der Blogosphäre. (Dr. Jan Schmidt, Seite 5 der Vortragsfolien)

Seine Quelle dafür sind die durch Technorati generierten Deutschen Blogcharts. Dort stehen die herkömmlichen Medien wie Spiegel Online und Heise weit vorne, während andere Blogs im Vergleich dazu wenig verlinkt werden.

Doch reicht diese Untersuchung? Es mag zwar ein bedeutender Teil einer „Gegenöffentlichkeit“ sein, eigene Nachrichten und Meldungen zu veröffentlichen, aber gerade im nicht-professionellen Bereich halte ich dies für eine unpassende Anforderung. Der erste Schrittfür den privaten, Gegenöffentlichkeit schaffen wollenden Blogger ist wohl die Kommentierung aktueller Nachrichten aus der etablierten Öffentlichkeit. Das man dabei dann auf die Quelle, die man kritisiert und / oder kommentiert verweist, ist nicht nur ein Gebot der Höflichkeit, sondern auch die Basis für eine Recherche.

Strickutensilien von Annkari Dass sich durch das Medium Blog nun auf einmal alle Opponenten unter einer Fahne versammeln, kann wohl auch nicht der Gedanke von Schmidt gewesen sein. Schließlich wird jede Form von Gegenöffentlichkeit auch einen ideologischen Hintergrund haben. Und dass die hundert deutschen A-Blogger eine gemeinsame Weltanschauung haben, wage ich einfach mal zu bezweifeln, ohne jemanden überhaupt einmal persönlich gesehen zu haben.

Wichtiger erscheint mir die Auswertung der Themenauswahl der Blogs. So sind nach der angeführten Untersuchung (im PDF die Folie auf Seite 6) „politische Themen“ auf einem der unteren Plätze. Interessant ist aber der letzte Punkt seiner Untersuchung, die er in seinem Blog veröffentlicht. Dort heißt es:

Nur eine Minderheit der Befragten liest mehr als zehn Weblogs regelmäßig; dominierende Erwartung an das Medienformat sind die Möglichkeit zu Kommentaren, die persönliche Meinung des Autoren in den Beiträgen zu erkennen, ein lockerer sprachlicher Stil und das Publizieren von Inhalten, die in anderen Medien nicht vorzufinden sind. (Hervorhebungen von mir)

Aber sind eben diese hervorgehobenen Punkte nicht der Beginn einer Gegenöffentlichkeit? Und wenn man bedenkt, dass Blogs in (deutschen) Medienlandschaft erst langsam im Kommen sind, halte ich eine Aussage, dass Blogs größtenteils keine Gegenöffentlichkeit schaffen, für falsch. Auch wenn Schmidt eine solche direkte Aussage auf den Folien nicht trifft. Aber die Möglichkeit der Schaffung von Gegenöffentlichkeit durch zunehmende Verbreitung, sieht er anscheinend auch nicht.

Durchaus positive oder vielleicht besser verständnisvoll führt Schmidt die persönliche Öffentlichkeiten an. Diese sind es, die Blogger oftmals erreichen wollen. Im Gegensatz zu einer gesellschaftlichen Öffentlichkeit aka Gegenöffentlichkeit. Und diese, oftmals als Strickblogs und Katzencontent verschrienen Inhalte, sind die persönliche Öffentlichkeiten. Dort kommen wohl die Top-Inhalte, nämliche Berichte/Episoden aus Privatleben, Eigene Bilder oder Fotos und Kommentierte Links (Seite 6 des PDF), zum Tragen. Aber entwickelt sich nicht aus diesen persönlichen Erfahrungen, aus diesen Informationen auch eine politische Fragestellung? Kann nicht eben dies der Startpunkt für den Willen nach einer (gesellschaftlichen) Gegenöffentlichkeit sein?

Bild: "Bündchen, die Zweite" von Annkari