Muss man wissen! Sollte man lesen. Das Dr. Axel Stoll Interview
Ich habe beim Schreiben über dieses Buch etwas Angst. Dass ich wiederhole, was Holger (holgi) Klein bereits schrieb im Vorwort. Und um wenigstens meine eigenen Worte zu benutzen, lese ich vor dem Schreiben dieser kleinen Rezension das Vorwort nicht noch einmal. Ich hoffe, du weisst diese Professionalität zu schätzen. Und nun zum Buch. Oder besser gesagt zum Interview. Denn das Interview mit Dr. Axel Stoll nimmt nicht nur den Großteil des Buches ein, sondern ist auch dessen Grundlage.
Und wer zur Hölle ist Dr. Axel Stoll? Muss man das wissen?
Nur weil Stoll einen Wikipedia-Eintrag hat, muss man ihn nicht kennen. Auf YouTube mag der eine oder andere schon auf ein Stoll-Video gestossen sein. Stärker bekannt dürfte sein Mantra Muss man wissen
sein (z.B. Google Bildersuche o. Bing Bildersuche). Mit diesem Satz beendet er, wenn man seinen YouTube Videos glauben mag, viele seiner vorgetragenen Verschwörungstheorien. Ein solches Mantra schützt vor Diskussionen seiner Thesen. Schließlich muss man (es) wissen und eben nicht diskutieren.
Im Interview und der Nachbetrachtung klären sich weitere biographische Daten. Muss man ja wissen, um wen sich das Buch dreht.
Bartoschek, Waschkau, Waschkau? Muss man die denn kennen?
Darf ich ehrlich sein? Es ist halt kein Buch von Stars und Sternchen über Stars und Sternchen…
Also Sebastian Bartoschek (Twitter, Website), Alexa Waschkau (Twitter) und Alexander Waschkau (Twitter) haben das Buch geschrieben, nachdem die beiden Herren vorher das Interview geführt haben. Vor dem eigentlichen Interview beschreiben sie beide ihre persönlichen Eindrücke, wodurch eine nüchterne Sachbuch-Atmosphäre gleich verfliegt. Das muss wohl der Einfluss Bartoscheks sein, denn der Podcast Hoaxilla aus dem Hause Waschkau ist eher sachlich.
Willkommen in Neuschwabenland!
Das Gedankengebäude von Axel Stoll dreht sich um Neuschwabenland, weshalb sich seine „Diskussions“-Gruppe auch Neuschwabenlandforum nennt. In Neuschwabenland leben nach Stoll die Reichsdeutschen, haben Reichsflugscheiben und andere Supertechnologien. Und irgendwann werden sie wiederkommen und die Weltherrschaft übernehmen. Oder so ähnlich.
Dieses Gedankengebäude basiert auf einer Expedition von Nazi zum Südpol. Sie fuhren mit einem Schiff namens Neuschwabenland
.
Dieses Gedankengebäude Neuschwabenland
ist revisionistisch, antisemitisch, rechtsextrem und natürlich esoterisch, durchsetzt von diversen Verschwörungstheorien. Und genau deshalb macht das Buch Spaß. Denn dieses Gedankengebäude genau lesen zu können, lässt einen an der Vernunft der Menschheit zweifeln. Ein Blick auf die Fußnoten liess mich aber immer wieder beruhigt aufatmen.
Nun kommt im Buch der Themenkomplex Neuschwabenland etwas zu kurz. Denn er wird, weil es eben ein Interview ist, nicht noch einmal selbst zusammengefasst, geprüft, bewertet. Deshalb suchen die drei AutorInnen nun nach monetärer Unterstützung, um dem Neuschwabenland ein eigenes Buch zu widmen.
Fußnoten? Sind die wirklich so wichtig?!
Es sind 181 Fußnoten. Verteilt auf 122 Seiten Interview mit Dr. Axel Stoll. Und sie nehmen wirklich viel Platz, manchmal wirken sie etwas zu ausführlich. Aber wenn dann Stoll im Interview von seiner Freundschaft mit Erich von Däniken berichtet, dann ist eine ausführliche Fußnote nötig. Jedenfalls wenn in dieser die wörtliche Antwort von Dänikens auf eine entsprechende Nachfrage wiedergegeben wird (S.41).
In den Fußnoten etwas wiederzufinden ist schwer. Deshalb gibt es ein Personen- und ein Sachregister, in dem man Stichworte wie Aldebaran, Argo Verlag oder auch Quetschmetall nachlesen kann. Das gibt dem Buch das Potential zu einem kleinen Nachschlagewerk für Esoterik, Pseudowissenschaften und Neuschwabenland zu werden. Hat man eine Internetverbindung samt kompatiblen Internetzugang zur Hand, ist ein Blick zu Psiram aber wahrscheinlich lohnenswerter.
Was fehlt?
Aus jeden Fall fehlt nicht die psychologische Einschätzung von Dr. Stoll. Denn diese ist ausführlich nach dem Interview zu lesen. Und in dieser wird schon selber ein möglicher Kritikpunkt des Interviews angeführt. Sinngemäß die Frage, ob es im Interview nicht eine stärkere Konfrontation mit Stoll über seine Thesen hätte geben müssen. Die Autoren bleiben bei ihrem Entschluss, dass eine Konfrontation nicht zielführend gewesen wäre.
Wie wäre eine Konfrontation abgelaufen? Stoll äußert eine These und einer der beiden Interviewer erklärt mit ein, zwei Argumenten, dass sie falsch ist. Und dann? Stoll begründet seine These mit vielleicht absurden Erklärungen, hält man wieder dagegen? Kann man erwarten, dass Stoll die Argumente angreift? Eher nicht, denn das widerspricht einem esoterisch, verschwörungstheoretisch geprägten Diskussionsmuster. Und wenn Bartoschek und Waschkau versucht hätten, die ureigensten Überzeugungen eines Dr. Axel Stoll in einem Interview, vor laufender Kamera zu widerlegen, wer könnte überhaupt darauf eingehen?
Aber es fehlt doch etwas. Nämlich eine kulturwissenschaftliche, politische, gesellschaftliche Einordnung der Neuschwabenlandverschwörungstheorie und eines Dr. Axel Stoll vermisse ich. Sicherlich ist sie in den Fußnoten, in der psychologischen Nachbetrachtung enthalten, aber das reicht mir nicht aus. Das ist natürlich ein Grund für mich gewesen, das zweite Buch zu unterstützen. Es hätte aber auch in Muss man wissen! – Ein Interview mit Dr. Axel Stoll gehört.
Nimm mein Geld!
Bestellen kann man das Buch kostengünstig direkt beim JMB-Verlag oder bei Amazon (Partnerlink). Wobei aktuell schon an einer zweiten, korrigierten Auflage gearbeitet wird.
Und ich kann euch nur empfehlen, das Buch zu kaufen. Eigentlich uneingeschränkt bei einem aktuellen Preis von unter 10 Euro.
Und wer statt eines kleinen Preises noch ein Argument benötigt, um sich mit Neuschwabenland, Reichsdeutschen Reichsflugscheiben, Quetschmetall, Dr. Axel Stoll und Ähnlichem auseinander zu setzen, dem sei dieses Zitat aus dem Vorwort von Holger Klein empfohlen:
Es gibt viele Orientierungslose und Denkfaule, die sich von solch einfachen Antworten in irrationale Gedankenwelten hineinziehen lassen und von dort aus über kurz oder lang den Anschluss an die Realität zu verlieren drohen, denn wer heute bereit ist, den einen Unsinn zu glauben, ist bald auch bereit, jeden anderen zu glauben, denn es fehlt ihm ein Maßstab, um Sinn von Unsinn zu unterscheiden.
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