Pro & Contra eines Projekt(start)es
Gegen zwei Uhr tauchte in meinem Feedreader ein neuer Beitrag des Agenturblogs auf. Lycos iQ Pro und Contra online lautete die Überschrift eins mit schönen Fotos versehen Beitrags über die heutige Vorstellung des neuen Services vor prominentem Publikum in Berlin. Ins Blog von Lycos iQ schaffte es diese Nachricht erst gegen kurz vor Fünf und dazu auch noch etwas überraschend
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Am 07. Mai lautete die nebulöse Ankündigung noch am 12.05.: mehr dazu für die Besucher des Nutzertreffens, am 15.05. dann live für alle
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Also für die Mitglieder am 12., den Rest der Welt am 15. und für diese Pro–mi–nen–ten wurden schon heute die Vorhänge gelüftet. Ist ja eigentlich auch nicht nötig, denen, die die Webseite überhaupt interessant machen, im Vorhinein Informationen zu geben. Oder ihnen, wie angekündigt, die Neuerungen vor dem Rest zu zeigen. Hält man nicht vielleicht mit solchen simplen Goodies die Mitglieder bei der Stange?! Dann könnte nämlich Lycos das neue Portal noch diesen verkaufen: He, wir haben auf Euch gehört und für Euch dieses neue Portal aus dem Boden gestampft …
Mit diesem Projektstart wird deutlich: He, Aktionäre, wir haben unsere Mitglieder genau beobachtet und um die Qualität der Social Search zu behalten, haben wir ein neues Forum aus dem Boden gestampft. Da können sie sich austoben und wir können es als neue Diskussionskultur verkaufen …
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Sicherlich ist es nicht wirklich überraschend, dass Lycos nicht die Verbesserung der Welt sondern die Steigerung des Aktienkurses anstrebt. Dennoch stellt sich schon die Frage, ob dieser Projektstart nicht doch als etwas verunglückt
zu bezeichnen ist.
Die Seitenaufteilung bei Pro & Contra
Unabhängig vom Projektstart muss natürlich noch das Projekt Lycos iQ Pro & Contra selber betrachtet werden. Auf dem Screenshot einer Diskussion sieht man recht gut, die allgemeine Aufteilung von Pro & Contra. Ganz oben ist die These des Fragestellers bzw. Initiator des Diskussionsthemas. Die Pro- und Contra-Seiten sind jeweils nebeneinander zu sehen und in der Anfangsansicht in chronologischer Folge sortiert.
Genauer hingeschaut
Der Initiator liefert selber das erste Argument und ordnet sich der Pro- oder Contra-Fraktion zu.
Auf der rechten Seite befindet sich eine kleine Übersicht über die bisher eingegangenen Argumente, aufgeteilt nach Pro und Contra. Die Zahlen am äußeren Rand geben die gesamte Anzahl der Stimmen (user-rating) für die jeweilige Seite an. Auf dem Balken selber steht die Anzahl der bisher eingegangen Argumente.
Lange Antworten?
Übersichtlich ist die Seite wohl. Dass man bei den Antworten, Verzeihung Argumenten, erst auf Mehr
klicken muss, um sie vollständig zu lesen, ist etwas nervig. Kommt der Autor nicht innerhalb der ersten 190 Zeichen zur Sache, wird sie wohl niemand vollständig lesen. Ist das ein Feature oder ein Bug? Lange Antworten sind meines Erachtens häufig ein Zeichen für Qualität. Aber oftmals haben lange Ausführungen auch eine kleine Einleitung. Ist diese misslungen, wird das Argument wohl kaum Beachtung finden. Auf der anderen Seite werden am Bildschirm kürzere Texte eher gelesen. Ist also eine Abkehr von normalen, in Schule und Uni erlernten Schreibgewohnheiten für das Internet und speziell Pro & Contra nötig?
Wer braucht eigentlich Pro & Contra?
Das dürfte wohl die entscheidende Frage sein. Bei Lycos iQ gibt es mittlerweile nicht nur Fragen, die man dem Bereich der Suche, genauer der Social Search zuordnen kann. Sondern auch viele Fragen, die eher an eine Diskussion erinnern oder ein Meinungsbild einholen wollen. Aber auch das Ausfragen von iQ-Mitgliedern über ihr Leben / ihre Lebensgewohnheiten ist sehr beliebt (Beispiel 1, 2, 3, 4, 5). Solche Fragen könnte wohl längerfristig für Werbetreibende interessant sein, wenn sie es schaffen, sie alle automatisch auszuwerten. Aber sind sie im neuen iQ Pro & Contra auch gut aufgehoben?
Kernproblem bleibt die Integration
Größtes Problem dürfte wohl die Integration im klassischen iQ sein. Denn wer wird denn wechseln, wenn sich das High-Life im alten iQ abspielt? Und wer wird wohl längerfristig beim klassischen iQ bleiben, wenn die berühmte Guten-Morgen-Frage zur Diskussion bei Pro & Contra lädt? Das reine Zur-Verfügung-stellen einer zweiten Plattform für Diskussionen hat schon einmal nicht geklappt, als für Lycos iQ ein eigenes Unterforum eingerichtet wurde. Die mangelnde Integration war und ist m.E. noch immer der Hauptgrund für die Nichtakzeptanz des Forums. Selbst der Blog fristet ein Schattendasein im Vergleich zu den vieldiskutierten Fragen. Oft muss erst mit einer Frage auf aktuelle Verlautbarungen im Blog hingewiesen werden.
Das neue Jubii (http://www.jubii.de) von Lycos macht es deutlich: Der Otto-Normal-User will anscheinend nicht bei zehn verschiedenen Diensten angemeldet sein. Die nahtlose Integration unterschiedlicher Dienste steht im Vordergrund.
Bildnachweis
Foto: Thomas von owagner (agenturblog)
1. Screenshot: Screenshot: Lycos iQ Pro & Contra Diskussion
2. Screenshot: Screenshot: Lycos iQ Pro & Contra Diskussion – Autor Argument
3. Screenshot: Screenshot: Lycos iQ Pro & Contra Diskussion – Übersicht (alle Screenshots von mir)