MonatMärz 2010

Werbung, der Sinn von Werbeblockern und des Webanhalters persönliche Dreistigkeiten

SPIEGEL Online Artikel mit und ohne Werbung
SPIEGEL Online Artikel mit und ohne Werbung

Über Werbung im Internet wird in letzter Zeit immer häufiger diskutiert. Insbesondere die großen Verleger von Tages- und Wochenzeitungen sehen ihr Geschäftsmodell gefährdet und machen mit Ideen wie einem Leistungsschutzrecht Furore. Vornehmlich Google ist dabei das personifizierte Böse, weil es der Werbegigant mit seiner Suchmaschine zu unglaublichen Umsätzen und Gewinnen bringt.

Seit ca. zwei Wochen schalte ich für Besucher von Suchmaschinen auch hier auf der Seite Werbung. RSS-Leser und Besucher, die diese Seite über einen Link einer anderen Webseite aufrufen, bekommen keine Ads angezeigt. Witzigerweise offenbart der recht beliebte Beitrag zu Firefox Personas, dass gerade die an Firefox-Themen interessierten Besucher vielfach mit einem Werbeblocker surfen. Ähnliches gilt für die Linux-Besucher und die WordPress-Cracks.

Technisch versierte Nutzer blocken Werbung

Und das ist ja auch nicht unbedingt schlecht. Jedenfalls wenn man sich einige weniger seriöse Seiten anschaut, auf denen sich Werbefenster über den eigentlichen Inhalt schieben (bekannt als Layerads). Und an die blinkenden Flashwerbebanner denkt.

Doch heute sind blinkende Banner relativ gering animiert, geräuschlos und kleinere Grafiken sind eher zu finden. Die heutigen Banner werden unaufdringlicher gestaltetet oder mutieren gleich zu Textanzeigen. Das Argument der nervigen Banner trifft auf immer weniger Seiten zu. Flashanimationen, die die Ladezeiten in die Höhe treiben und den Lüfter der Laptops anspringen lassen, werden weniger verwendet und im Zuge der mobilen Endgeräte wird es sicherlich auch zu einem mittelfristigen Umdenken führen.

Werbung wird immer weniger nerven

Momentan sehe ich nur in vor Videos vorgeschaltete Werbeclips und in Seiten aus der Grauzone des Internets noch alte, verärgernde Werbeformen. Langfristig werden sich auch diese Formen überlebt haben oder Nutzer passende Umgehungsformen entwickelt haben.

Der Sinn von Werbeblockern

In zahlreichen Formen und unterschiedlicher Wirksamkeit erfreut sich Software zum Ausblenden von Werbung aber einer großen Beliebtheit. In einzelnen Antiviren-Lösungen, lokalen Proxys und Erweiterungen oder gar direkten Implementierungen für die Browser findet heutzutage jeder leichte Möglichkeiten, um werbefrei zu surfen. Aber ist das mittel- und langfristig noch notwendig?

Exkurs: Woher kommt die eingeblendete Werbung?

Zanox Online-Marketing-Services
Zanox Online-Marketing-Services

Dass ein Werbetreibender direkt den Anbieter einer Webseite anspricht, ist eher selten. Bei großen Webseiten ist es vielleicht noch möglich, aber in der Breite ist es schlicht ein unglaublicher Zeitaufwand. Es haben sich einige Plattformen formiert, die hier die Lösung bieten. Google, Tradedoubler, Doubleclick, Overture, Zanox u.v.m. schaffen hier die Lösung: Der Werbetreibende meldet sich an, der Webmaster meldet sich an und die Plattform führt die beiden zusammen.
Ohne jetzt die unterschiedlichen Konzepte von Affiliate Marketing, Display Advertising u.ä. zu erläutern, sei das Wichtigste gesagt: Die Werbung wird von einer zentralen Stelle eingebunden.
Wie das im Einzelnen genau aussieht, sei hier irrelevant. Festzuhalten bleibt aber: Auf die Daten* hat nicht nur der eigentliche Webseitenbetreiber Zugriff.

[Daten*: Damit ist nicht unbedingt die postalische Anschrift gemeint. Aufgerufene Seiten (Interessiert sich für …) sind eine wichtigere Information.]

Die Kombination macht’s!

Möchte man nicht einfach nur eine allgemeine Werbung anzeigen, braucht es weitere Informationen. So bietet Amazon bspw. kontext-relevante Werbung für seine Affiliates an: Bei einer Filmrezensionen werden DVD und Buchvorlage angeboten.
Besucht jemand einen Internetshop, schaut sich ein paar Produkte an und verlässt diesen Shop ohne einen weiteren Einkauf, dann möchte der Shopbetreiber ihm vielleicht ein anderes Angebot machen. Und die nächste Internetseite, die über Google Werbung einbindet, zeigt ihm ein anderes Produkt.

Vor- und Nachteile für die Besucher
  • + Interessantere Werbung
  • + Werbeformate müssen nicht mehr stark aufdringlich sein
  • Profile werden erstellt und man fühlt sich beobachtet
  • Die erstellten Profile können unrechtmäßig verwendet oder entwendet werden (Datenschutz in anderen Staaten, menschliche und technische Fehler, Hackerangriffe u.ä.)
Vor- und Nachteile für Werbetreibende
  • + Kunden können besser angesprochen werden und kaufen eher
  • Profile (von Webseiten oder Kunden) sind kostenintensiver
  • Die Pflege der Profile kostet (Aktualisierung, Datenschutz)

Geschäftsmodell Werbung

Für eine große Zahl von Webseiten ist die Einblendung von Werbung die vorrangige Finanzierungsmöglichkeit. Für Premiuminhalte sind aber wenige Nutzer bereit zu zahlen. Viele Alternativen bleiben da nicht. Auch wenn Facebook es schafft, sich über kleine 1-Dollar-Geschenke zu finanzieren. Und auch kostenpflichtige Musik-Downloads ein erträgliches Geschäft sind, ist gerade für informationsorientierte Seiten (z.B. Zeitungen) scheinbar noch kein tragfähiges Geschäftsmodell gefunden.

Meine Freiheit: Ein Werbeblocker

Obwohl mir die Probleme der vielen Seiten um eine Refinanzierung bewusst sind, ignoriere ich sie. Ich benutze einen Werbeblocker zusammen mit einer guten Filterliste und erstelle eigene Regeln, um möglichst wenig Werbung zu sehen. Und alternative Werbemethoden, wie gesponsorte Blogeinträge und gekaufte Links, melde ich auch schon mal bei Google. Möge das Gefüge der werbefinanzierten Geschäftsmodelle doch zugrunde gehen, ich möchte selber keine Werbung sehen und ich hätte auch gerne Suchergebnisse mit den besten und nicht den bestbezahlenden Suchergebnissen.

Eine Lösung bitte!

Für die Finanzierung habe ich keine Lösung anzubieten. Und ich bin auch nicht bereit, für viele Inhalte zu zahlen. Ich zecke mich quasi durch und hoffe, dass es noch genügend Leute ohne Werbeblocker gibt, die mir mein persönliches Informationsangebot ohne Bezahlschranke ermöglichen.

Das ist dreist! Und ich bin mir dessen wohl bewusst. Und ich gehe sogar noch weiter und experimentiere hier auf dieser Seite immer mal wieder mit den verschiedenen Werbeformen, die ich selber als Besucher niemals sehen möchte.

China und Google – Sollten Suchmaschinen zensieren?

Nun leitet Google die Besucher von google.cn auf Google Hongkong (www.google.com.hk) um. Dort werden die Ergebnisse nicht mehr nach der chinesischen Doktrin zensiert. Und das vielzitierte Motto Don’t be evil scheint wiederhergestellt worden zu sein. Google ist nicht mehr (nur) die unheimliche Datenkrake des Informationszeitalters, sondern doch noch das nerdige Unternehmen mit ethischen Grundsätzen.

Tiananmen Square von Sanfamedia.com
Tiananmen Square von Sanfamedia.com

Als zensierte Inhalte wurden vor allem politische Gegner und geschichtliche Ereignisse wie das Tian’anmen-Massaker identifiziert. Hackangriffe auf Google und andere große IT-Unternehmen, die Anfang des Jahres bekannt gemacht wurden, waren der Anlass. Und der Cyberwar zog auch in die gewöhnlichen, ansonsten nicht unbedingt IT-lastigen Zeitungen ein.

Die Welt scheint wieder in Ordnung zu sein. Google verteidigt die westliche Welt, man schlägt zurück. Gegen böse Hacker, gegen die Zensur und für die Pressefreiheit. Und natürlich die Grundrechte der Menschen oder vielleicht doch besser der Werte der westlichen Welt?!

Denn auch hierzulande wird zensiert. Gemeint sind nicht die unsäglichen Versuche eine Zensurinfrastruktur zu installieren unter dem Vorwand der Bekämpfung von Kinderpornographie oder gar dem Jugendschutz. Nein, man lässt eine Horde von Anwälten los. Nicht immer gegen den Betreiber einer Webseite, der Unliebsames für das Klientel veröffentlicht. Denn das mag vielleicht juristisch nicht unbedingt angreifbar zu sein.
Man spricht einfach auf juristischem Weg die Suchmaschinen an, damit sie Inhalte nicht mehr anzeigen. Und was bei Google & Co nicht angezeigt wird, das existiert nicht.

… mit Anwälten zur Privatzensur

Zensur ist schlecht! Und nicht nur der uneingeschränkte Zugang zu Informationen sollte ein verankertes Grundrecht sein. Sondern auch der kostenfreie Zugang sollte damit eingeschlossen sein. Denn Monatsgebühren, fehlende, fehlerhafte oder beschränkte Ausstattung zensieren ebenso.

Aber das Recht!

Google Hongkong
Google Hongkong

Wer nur bis hierher liest, bleibt auf dem Niveau großer Boulevard-Zeitungen stehen. Denn auch wenn das Lästern über Anwälte, Zensur und die wahlpolitischen Spielchen von Frau von der Leyen durchaus spaßig sein kann, muss man weitersehen.

Setzen sich Suchmaschinen über Zensurmaßnahmen hinweg, haben sie einen klaren wirtschaftlichen Vorteil: Die unzensierte Suchmaschine. Und dies ist ein Alleinstellungsmerkmal auf dem chinesischen Suchmaschinenmarkt, der eben nicht von Google sondern dem chinesischen Baidu angeführt wird.

Erwartet man das Google die staatliche oder privatwirtschaftliche Zensur nicht einhält, wie lässt sich dann erwarten, dass Google andere rechtliche Grundlagen einhält?!

Was ist mit dem Datenschutz? Was ist mit Werbung für pornographische Inhalte? Was ist mit Malware (Viren, Trojaner & Co)? Suchmaschinen haben sicherlich in einigen Bereichen ähnliche Interessen wie die Benutzer. Aber ist das wirklich immer der Fall?
Die aktuellen Diskussionen um Google Streetview in Deutschland beweisen unterschiedliche Interessen. Und zeigen eines deutlich: Es ist eine gesellschaftliche Debatte!

Und solange eine solche gesellschaftspolitische Debatte läuft, erwarte ich, dass sich Unternehmen an das geltende Recht halten. Und sich nicht eigenmächtig darüber hinweg setzen! Das gilt für Google und das gilt auch für die Zensur von Inhalten.

Kein Sound für Lucid Lynx?

Bei Ubuntu 10.04 wird das äußere Erscheinungsbild grundlegend renoviert. Doch nun kommt raus: Das Sounderlebnis wurde nicht überarbeitet!
Überrascht schien Canonical-Gründer Mark Shuttleworth von der Frage nach einem neuen Soundtheme (Klangthema) worden zu sein.

Gack, I completely forgot about that. A very good point. Would you see if you can rally a round of community submissions for a sound theme inspired by light? [Quelle]

Glaubt das wirklich jemand? Wenn es nicht eine „virale“ Idee sein soll, um die Ubuntu-Community zum Schaffen von neuen Sounds zu bringen, was ist es dann? Es gibt m.E. nur eine mögliche Erklärung, warum es bislang noch kein neues „Klangthema“ (so jedenfalls die Benennung in den Einstellungen) gibt: Alle Ubuntu-Entwickler, alle Ubuntu-Beta-Tester und jeder Ubuntu-Nutzer, der Rückmeldungen an Canonical gibt, hat die Klangthemen ausgeschaltet!

Und ich behaupte: Jeder Nutzer, der die Sounds seines Computers problemlos ausschalten kann, schaltet sie aus.

Das Klangthema konfigurieren
Das Klangthema konfigurieren

Es gibt doch keinen Grund, warum ein Computer bei einem nicht-sehgeschädigten Anwender akustische Meldungen von sich geben sollte. Fehlermeldungen mögen vielleicht noch eines akustischen Effekts wert sein. Aber meistens dürfte ein Fehler auch alleine auffallen. Warum aber sollte jemand einen Sound nach dem Hochfahren hören wollen?
Ubuntu jedenfalls verkürzt die Startzeiten, sodass man beim Booten schon gar nicht Kaffeeholen braucht. Stünde man nun vor der Kaffeemaschine, suchte noch verzweifelt nach Milch & Zucker – wenn würde das Taramm-taramm seines hochgefahrenen Ubuntus zurück ins Arbeitszimmer treiben? Zumal mit einem halbfertigen Kaffee?!

Neben Tastentönen von Handys und Rückspul-Geräuschen von Digitalkameras müssen auch Klangthemen von Ubuntu, seien sie überarbeitet oder nicht, nach ihrer Existenzberechtigung fragen lassen. Lucid Lynx bekommt ein innovativeres Design; hier könnte Ubuntu nicht nur Mac-ähnliche Zustände auf den Desktop bringen, sondern auch hörbar innovativ werden.