Analyse zur Sterbehile

Wo ärztliche Sterbehilfe legal ist, wird sie quer durch die Bevölkerung gleichmäßig in Anspruch genommen: nicht, wie befürchtet, überproportional oft etwa von chronisch Kranken oder Armen

Telepolis fasst einen Artikel des Journal of Medical Ethics zusammen und gibt einen kurzen Überblick über die Sterbehilfe in den Niederlanden und in Oregon (USA). Befürchtungen, dass bestimmte Randgruppen (wie z.B. ältere Menschen) die Sterbehilfe besonders in Anspruch nähmen, scheinen sich nicht zu bestätigen. Der Titel Reiche tendieren eher zur Sterbehilfe als Arme legt aber schon nahe, es gibt Unterschiede zwischen den einzelnen Gesellschaftsschichten. Was ja nun doch im Gegensatz zum oben zitierten Artikelteaser steht. Eine vielleicht etwas reißerischer Headline?!

Im Artikel werden folgende Fazits gezogen (Hervorhebungen von mir):

  • Das freiwillige Sterben betrifft Ältere […]l eher unterproportional
  • Das Sterbeverhältnis zwischen Männern und Frauen ist weitgehend ausgeglichen
  • Bildung ist womöglich ein Faktor, der freiwilliges Sterben eher begünstigt (jedenfalls in Oregon, in den Niederlanden scheint dies nicht so)
  • Reiche gehen tendenziell eher freiwillig als Arme. (Prozess in den Niederlanden)
  • Die Daten über ethnische Minderheiten sind wenig aussagekräftig, es scheinen sich aber auch hier keine Besonderheiten zu zeigen, die nichts mit dem sozioökonomischen Status zu tun haben.
  • Daten zu Chronisch Kranken und Menschen mit Behinderungen sind nicht aussagekräftig, Erfahrungen niederländischer Mediziner deuten aber auf überproportionalen Anteil hin
  • In ungefähr einem Drittel der abgelehnten Anträge auf Sterbehilfe, geben niederländische Ärzte an, wäre eine psychische Erkrankung als Begründung angegeben. Eine 2001 abgeschlossene Studie ermittelte, dass zwar drei Prozent aller Bitten um Sterbehilfe auf einer psychischen Krankheit beruhten – keiner davon jedoch nachgegeben wurde.
  • AIDS-Patienten haben ein großes Interesse an Sterbehilfe.

Ich finde diese Daten zwar insgesamt sehr „nett“, aber für das komplexe Thema erscheinen sie mir doch etwas dünn. E fehlen mir dort Daten über eine mögliche soziale Isolation, die gerade auch bei Älteren ja immer wieder Thema ist. Ob und inwieweit sich Sterbehilfe-Kandidaten mit dem Tod bzw. ihrem Wunsch nach Sterbehilfe auseinandersetzen oder in eine solche Auseinandersetzung gezwungen werden (sei es durch krankheitsbedingte Faktoren, aber viel wichtiger durch familiäre/soziale Faktoren), erscheint mir durch diese Daten auch nicht beantwortet zu werden.