Dr. zu Guttenberg – Oder wie Betrug gesellschaftsfähig wurde

Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg hat seine Dissertation zu großen Teilen nicht selber geschrieben. Nach und nach hat er dies in der aktuellen Plagiatsaffäre zugegeben. Doch noch stärken ihm hochrangige Politiker den Rücken. Und machen damit Betrug gesellschaftsfähig.

Herr Doktor, wie war das nochmal mit der Dissertation?

Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg (Bild: Dirk Vorderstrasse)
Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg (Bild: Dirk Vorderstrasse)

Der Bremer Jura-Professor Fischer-Lescano hatte sich Guttenbergs Dissertation angeschaut und kam zu dem Ergebnis, dass sie wohl nicht gerade hundertprozentig in Ordnung ist. Milde formuliert. Innerhalb weniger Tage entstand ein Wiki, das die Dissertation „Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU.“ auseinander nahm. GuttenPlag nennt sich dieses Wiki und veröffentlichte am 21.02.2011 einen Zwischenstand, nachdem knapp 70% der Seiten der Arbeit ein Plagiat enthielten. Wobei das Wiki natürlich exakter ist und die Fehler genauer einteilt und diese dann in den kommenden Tagen und Wochen auch verifizieren will. Die Quintessenz ist aber klar: Die Doktorarbeit entspricht nicht den Kriterien an eine Dissertation.

GuttenPlag bietet aber auch eine nette Chronologie zum Guttenbergschen Plagiatsskandal, ebenso wie die Wikipedia und wohl jedes auch nur annähernd journalistische Angebot in Deutschland (ZEIT Online, Spiegel Online u.v.m.).

Und während die Süddeutsche vier weitere promovierte CDUler unter die Lupe nimmt, sich 70 (und bald sicherlich mehr) Dozenten gegen eine Verharmlosung wenden, sogar einen Rücktritt fordern, machen sich Unzählige über Guttenbergs dreistes Abschreiben lustig. So veröffentlicht der Radiosender ffn einen Guttenberg-Song:

Es geht um mehr als nur ein Plagiat!

Stefan Kuzmany kommentiert bei Spiegel Online unter dem Titel Die Lüge ist ministrabel geworden sehr treffend, dass es nun nicht mehr um Guttenberg alleine geht.
Zugunsten der politischen Karriere scheinen nun Lügen, Urheberrechtsverletzungen, Plagiate oder, wie der Volksmund es so treffend simple ausdrückt, Betrügereien legitim geworden zu sein. Und nach Helmut Kohls "Ehrenwort" in der CDU-Spendenaffäre, nach von der Leyens rhetorischem Kampf für Internetsperren auf dem Rücken von Kindern stellt sich allmählich die Frage, welchen moralischen Grundsätzen sich die Führungsriege der CDU/CSU um Angela Merkel & Co eigentlich verbunden fühlt.
Und bevor die Frage auftaucht: Nein, auch die Partei der sozialen Spaltung und des Gazprom Kanzlers ist keine Alternative.

Update: Klare Worte aus der Uni Bayreuth

Prof. Oliver Lepsius von der Unin Bayreuth findet übrigens klare Worte zu Guttenberg:

Bildnachweis: „Guttenberg hamm csu“ bei Wikipedia von Dirk Vorderstrasse (Wikimedia Commons, Website)

  1. Hallo Marc,
    leider ist das Video auf Youtube aus Urheberrechtgründen nicht mehr zu sehen, aber beim BR kann man es sich dennoch auf folgender Seite anschauen:
    Bayreuther Staatsrechtler attackiert Guttenberg

    Im Übrigen bin ich mir nicht sicher, ob der Zerfall der Moral, wie er immer wieder, wenn auch nur indirekt, angeprangert wird, Einzug hält, oder, ob wir nicht einfach eine kleine Zeitenwende miterleben:
    Ich bin mir sicher, dass es in der Politik wie in der kompletten Gesellschaft Lug und Trug gegeben hat und gleichermaßen geben wird. Nur ist es heute eben sehr leicht ein Plagiat anzufertigen, wie ein solches zu erkennen. Und, was nach meiner Meinung noch viel wichtiger ist, es ist nicht nur sehr einfach eine Lüge als solche zu entlarven sondern man kann sie mit Leichtigkeit öffentlich an den Pranger stellen. Etwas, das nach meiner Meinung noch vor 15 Jahren in dieser Öffentlichkeitswirkung und Wucht nicht möglich gewesen wäre. Vor dieser kurzen Zeit lag die Wahrheitsfindung und die Moralische Beurteilung voll und ganz in den Händen der Medien.

    Ich glaube, dass die Berater der Politiker noch nicht gelernt haben, dass die übliche Salamitaktik beim eingestehen von Fehlern mittlerweile schlicht nach hinten losgeht, eben weil sie entdeckt wird und der Lügende dadurch umso unglaubwürdiger dasteht.
    Ich wette, wenn der Herr zu Gutenberg, direkt bei dem ersten Vorwurf gesagt hätte „Ja, ich habe mit meiner Dissertation ein Plagiat abgegeben und den Verantwortlichen werde ich mir zur Brust nehmen…“ hätte er noch eine Chance gehabt politisch akzeptabel zu bleiben.

    Viele Grüße
    Dirk

  2. Ja, ohne die Medien, die die Verfehlung immer wieder in den Fokus setzten, hätte es nicht funktioniert. Und, was hier wahrscheinlich auch sehr wichtig war:
    Die Wissenschaft(ler) fühlen sich in ihrer Berufung und in ihrem Ansehen persönlich gefährdet (vgl. Interview mit Prof. Oliver Lepsius). Und diese Menschen als Lobby, welche durchaus bereit sind sich für Ihre Wissenschaft (auch argumentativ) aufzuopfern, sind etwas anderen als z.B. das Land Indien, das als Ort bezeichnet wird, in dem Kinderpronographie legal vertrieben wird. Dort sehe ich keine Lobby, zumindest keine, die sich an diesem Thema die Finger schmutzig machen will… Zudem bleibt Deutschland bei dieser Argumentation schön sauber… 🙁

    P.S. Das die Dissertation „fremdgeschrieben“ sei ist natürlich nur ein Gerücht. Wer allerdings behauptet, ein Wochenende zu benötigten, um die Plagiate in seiner eigenen Dissertation zu entdecken…, der gibt dem Monster schon gehörig Futter… 😀

  3. Naja jetzt bekommt es dafür aber doppelt und dreifach. Es gibt über 100 Anzeigen bzgl. Urheberrechtsverletzung. Der landet u. U. noch hinter Gittern…

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